Dimensionen der Interaktion

 

1. Konstellationen

 

Das Interaktionslabor ist eine Werkstatt zur Herstellung von Instrumenten und Modellen, mit denen die Prozesse und Ergebnisse der interaktiven Arbeit beschrieben werden können. Das Instrumentarium bietet ein Vokabular und Methodiken an, die von kreativen Menschen, aus den verschiedensten Disziplinen kommend, angewendet werden können. Ausserdem bietet es ein Modell an, das unterschiedliche Konstellationen der interaktiven Arbeitsweise aufzeigt. Die Verfasser dieses Manifests stellen das Vokabular vor und verknüpfen Ideen und Reflektionen über Kunst und Interaktion von verschiedenen Blickwinkeln aus, nämlich denjenigen des Designs, des Theaters, der Musik und Klangkunst, der Architektur, der Naturwissenschaft, der Informatik und der Medienkunst.

 

. Seit Beginn des 21. Jahrhunderts ist das Interesse an interakiver Kunst und ihren Methoden ständig gewachsen, sowohl unter den praktizierenden Künstlern und Wissenschaftlern wie auch den Kuratorinnen und Institutionen. Allerdings hat jede Disziplin (wie auch jeder individuelle Praktizierende) ihre eigenen Vorstellungen und ihre eigene Sprache, um interaktive Phänomene zu beschreiben. Es gibt keine allgemeingültigen Kriterien. Als Resultat gibt es auch demgemäss auch wenig übereinstimmende Kommunikation zwischen den Praktizierenden aus den verschiendenen Disziplinen und Medienbereichen. Die Konstellationen und zentralen Elemente der interaktiven Prozesse werden deshalb oft missverstanden.

 

Unser Instrumentarium versucht deshalb, die Methoden der Interaktion fur Praktizierende, Kuratoren, Institutionen, und das interessierte Publikum transparent zu machen. In der Weiterentwicklung der Interaktionskunst fällt ausserdem die Arbeitsunterscheidung Künstler-Publikum weg. Ein neuer "Arbeits"-Begriff der Performanz entsteht. Es ist unser Anliegen, zu der Entwicklung der künstlerischen und wissenschaftlichen Erforschung der Interaktion beizutragen, um damit auch eine subtilere Kritik und einen tiefergehenden Diskurs über interaktive Arbeiten und Projekte zu unterstützen.

 

Was ist Interaktion ?

 

Wir verstehen interaktive Arbeit als eine Art übergeordnete oder Meta-Disziplin -- eine Methode, die andere Displinenen beeinflusst. Interaktive Arbeitsmethoden können auf ganz unterschiedliche Disziplinen angewandt werden. Soziale Interaktion gibt es im täglichen Leben überall, und sie steht für Kommunikation, Dialog, Miteinander-Handeln, Austausch und Zusammenarbeit. Im künstlerischen Sektor verstent man unter Interaktion zunehmend die Form von Konstellation, die den Betrachter oder Benutzer in die Aktualisierung des interaktiven Werks gundlegend einschliesst, bzw. voraussetzt – ohne Beteiligung des Benutzters gäbe es kein "Werk." Gleichzeitig aber haben diese partizipierenden Methoden ihre eigenen Qualitäten und Begriffe. Als Ausgangskonstellation für die Praktizierenden steht für jeden am Angang des interaktiven Prozesses die Frage, wie die Form eines interaktiven Projekts gewählt wird, welchen Kontext die Interaktion hat, und welche möglichen Erfahrungen oder Wahrnehmungen andere, die mit der interativen Arbeit in Kontakt kommen, haben sollen. Der Anfang jedes interaktiven Werks besteht darin, dass der Praktizierende sich damit auseindandersetzt, welcher Kontext für die Interaktion ausschlaggebend und immanent sein soll, und wie das "System" Interaktion angelegt ist.

 

Was will Interaktion ?

 

2. Intentionen


In vielen interaktiven Kunstwerken ist das Potential für Interaktion, d.h. die eigentlichen Formen der Interaktivität, die zwischen Betrachter/Benutzer und Werk stattfinden, vorgezeichnet oder antizipiert von den Machern, den Programmierern. In diesem Fall ist das interaktive Werk dahingehend konzipiert, dass die Interakton so stattfndnet, wie sie der Designer intendiert hat. Allerdings kann nicht jedes Detail einer Interaktion vorhergesehen werden. Eine andere Variante ist die, dass der Designer potentielle Interaktionsformen konfiguriert, aber sie nicht festlegt. // In diesem Fall, ist die Konstellation offen, und demgemäss weniger strukturiert. Man könnte sagen, in diesem Fall sind die Interaktionen bewusst offen und "unformuliert." Sie sind als offenes Potential angelegt, aber ihre Realisation ist vom Designer nicht festgelegt. Diese Form der Interaktionkunst lässt normalerweise viele Möglichkeiten der Artikulation und Erfahrung offen, sogar gerade solche, die vom Designer gar nicht vorgesehen waren. Aus der Perspektive der Benutzer lässt sich sagen , dass es Interaktionen gibt, die gewollt erscheinen, die ungewollt sind, oder die irgendwie sich ergeben gewollt oder ungewollt (d.h. emergent sind), und auch in der Weise, dass der Benutzer nicht realisiert, wie sie entstanden sind. Es kann zum Beispiel zu einer Interaktion kommen, die vom Designer gewollt war, aber dem Benutzer vollkommen unbewusst war. Oder es kann zu einer Interaktion kommen, die der Designer nicht vorhersehen konnte, aber vom Benutzer bewusst gewählt wurde.

3. Matrix

In einer interaktiven Konstellation, z.b. einer Austellung oder Installation, ist die Korrelation zwischen der Intention des Designs und den Interaktionen, die tatsächlich stattfinden, vorgezeichnet. Die Matrix der Programmierung kann retrospektiv dazu benutzt werden, die verschiedenen Phasen der interaktiven Arbeit oder des interaktiven Prozesses zu illustrieren. Im Verlauf des interaktiven Prozesses können die Intentionen für jeweils unterschiedliche Benutzer ganz andere Bedeutung oder Wahrnehmung erzeugen. Eine bestimmte Interaktion mag an einem bestimmten Moment gewollt sein, in anderen Situationen aber nicht; ebenso kann eine unvorhergesehene Interaktion von den Designern erkannt und reflektiert werden, und damirt auch den fortschreitenden Designprozess beeinflussen oder den Raum für noch unbekannte Möglichkeiten der Interaktion öffnen.
Die Matrix der Konstellation zeichnet das Interaktionsverhalten der Benutzer vor in Bezug auf das Werk bzw. das Systemverhalten. Sie kann allerdings nicht für jeden einzelnen Benutzer eine Form der Interaktion festlegen. Sie kann nicht bestimmen, welche Interaktion für einen Benutzer relevant ist oder emotional bzw ästhetisch wirksam wird. Wenn eine Matrix das Verhalten vieler verschiedener Benutzer voraussehen wollte, müsste sie zwischen vielen verschiedenen Besuchern/Benutzern unterscheiden. Das heisst, das Design einer Matrix für Interaktion muss das Benutzerverhalten auswerten und reflektieren, um auf die unterschiedlichen Reaktionen antworten zu können. Die Erwartungen des Designers können demgemäss relativiert werden, und das System sollte fliessend, veränderbar, mutierend und intelligent sein.

 

 

 

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